Über das Zier-/Wildgeflügel

 

Grundsätzlich werden alle wilden Hühner-, Tauben- und Entenarten zum Ziergeflügel gezählt. Darüber hinaus auch die südamerikanischen Tinamus, die aber vollkommen andere Vögel darstellen. Da es sich im Allgemeinen um Wildvögel handelt, wäre eigentlich die Bezeichnung Wildgeflügel, so wie das Ziergeflügel gelegentlich bezeichnet wird, passender.

All diese Arten sind Teil der Artenvielfalt der Vögel und waren von großer Bedeutung für die Entwicklung des Rasse- und Nutzgeflügels. Graugänse, Bankivahühner, Felsentauben und Japanwachteln sind die Vorfahren der heute bedeutenden Hausgänse, Rassehühner, Rassetauben und Legewachteln.

Ohne die Domestizierung vor Jahrtausenden würden wir gegenwärtig nicht von diesen profitieren.

 

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung durch Domestizierung sind die Ziergeflügelarten natürlich eine Bereicherung für die Volieren in zoologischen Gärten wie auch den privaten Vogelzuchten. Der Großteil dieser Arten sind ausschließlich Nachzuchten aus den Importen der vergangenen Jahrzehnte. Viele der Erstzuchten gelangen in Privathand!
Die Behauptung, gerade in unserem Bereich der Ziergeflügel- oder der generellen Vogelzucht, dass die Haltung dieser meist exotischen Arten durch Importe eine Bedrohung der Wildpopulation darstellt, ist somit nicht haltbar- ganz im Gegenteil. Durch die Zucht werden viele Arten genauer studiert und langfristig erhalten. Gerade sehr seltene Arten werden kaum freilebend gesichtet und somit stellt die Haltung und Zucht neue Möglichkeiten dar.

 

Aktuell stehen viele Arten auf der roten Liste, da größtenteils humane Aktivität in Form von Lebensraumzerstörung, Jagt und Einschleppung von Raubtieren, Arten an den Rand der Existenz bringen oder schon zum Aussterben geführt haben. Hier ist die Zucht in Menschenobhut entscheidend!

Das beste Beispiel hierfür ist die Socorrotaube (Zenaida graysoni)  von der Insel Socorro. Diese Art ist durch eingeschleppte Ratten und Haustiere auf der Insel ausgestorben, aber in vielen Ländern in Zuchten noch vorhanden. Somit wäre prinzipiell eine Wiederansiedlung auf der Insel (in-situ) in Kooperation mit Naturschutzorganisationen möglich. Hätte man diese Zweitbestände außerhalb des Verbreitungsgebietes (ex-situ) nicht, so wären sie jetzt schon ganz von unserem Planeten verschwunden.

 

Im Hinblick auf diese Bedrohungen, die in den folgenden Jahren wohl weiter fortstreiten werden, wird die Zucht gerade durch unabhängige Privatzuchten an Bedeutung gewinnen. Man muss sich immer vor Augen führen, dass gerade der private Züchter relativ unabhängig für seine Zucht aufkommt und auch dementsprechend agieren kann. Gerade zoologische Gärten und sonstige Institutionen fehlen die finanziellen Mittel um viele bedrohte Arten zu halten und für den Erhalt aufkommen zu können.

 

Auch wenn viele der Arten gegenwärtig noch als nicht gefährdet eingestuft werden, ist stets der artenreine und gewissenhafte Erhalt des Wildtyps anzustreben. Somit ist die Arterhaltung definitiv ein Argument jeder Wildtierzucht. 

 

 

"Dass etwas neu ist und daher gesagt werden sollte, merkt man erst, wenn man auf scharfen Widerspruch stößt."


                                                                     Konrad Lorenz, Verhaltensforscher                                                                                            und Nobelpreisträger